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Kurd

Die Kurden zдhlen zu den indogermanischen Vцlkern. Mit 40 Millionen Menschen sind sie weltweit das grцяte Volk ohne eigenen Staat. Ihr Siedlungsgebiet wurde nach dem 1. Weltkrieg zwischen den neu entstandenen Staaten Syrien, Irak, Tьrkische Republik und Iran aufgeteilt. Eine kurdische Streuminderheit lebt in der ehemaligen Sowjetunion.

Kurden in Syrien

Die Kurden bilden mit schдtzungsweise einer Million Angehцrigen etwa 10 Prozent der Bevцlkerung Syriens. Wдhrend sie bis Ende der 50er Jahre kulturelle Freiheiten genossen, begann um 1962 mit dem Erstarken der panarabischen Ideologie und 1963 mit der Machtьbernahme der panarabischen Baath-Partei, die eine ethnische und kulturelle Eigenstдndigkeit von Minderheiten leugnet, eine restriktive Kurdenpolitik. Sie fand ihren Ausdruck in einer Sondervolkszдhlung, bei der schon 1962 fast 120.000 Kurden zu Auslдndern erklдrt und damit aller Bьrgerrechte beraubt wurden. Die Zahl der ausgebьrgerten Kurden liegt heute bei etwa 200.000. Sie kцnnen keinen Pass beantragen, ihre Kinder nicht registrieren und einschulen lassen, nicht legal heiraten, bekommen keine Anstellung im Staatsdienst etc. .
Ebenfalls auf Beginn der 60er Jahre geht die Politik des Arabischen Gьrtels zurьck, die entlang der Grenze zur Tьrkei einen 15 km tief in syrisches Gebiet hineinreichenden Streifen Land schaffen wollte, aus dem die ansдssigen Kurden aus- und regimetreue arabische Wehrbauern angesiedelt werden sollten. Prдsident Assad erklдrte das Projekt 1976 offiziell als beendet. Es wird jedoch heimlich fortgesetzt. Mittlerweile werden in Syrien kurdische Dorf-, Berg- und Flussnamen durch arabische ersetzt.
Auch die Kurden, die eine Staatsangehцrigkeit besitzen, genieяen keine autonomen kulturellen Rechte. Allerdings werden viele von ihnen stark in das staatliche Leben einbezogen, vielfach sogar in privilegierten Stellungen eingesetzt, um den Prдsidenten, der einer religiцsen Minderheit angehцrt, zu unterstьtzen. Syrien ist immer wieder Zufluchtsland fьr kurdische Partisanenfьhrer aus den Nachbarlдndern Irak und Tьrkei gewesen.

 Das  alte Sie dlungsgebiet
Die unwegsame Gebirgsgegend ihres Siedlungsgebietes bildete seit jeher eine natьrliche Grenze zwischen dem Osmanischen und dem Persischen Reich, die schlecht kontrollierbar ist. Daher blieben die regionalen kurdischen Herrscher lange Zeit weitgehend unabhдngig. Offene Grenzen ermцglichten ihnen den ungehinderten №bertritt von einem Reich ins andere. Die kurdische Bevцlkerung empfand sich bis ins 20. Jahrhundert vor allem als Angehцrige bestimmter Stдmme. Zweites identitдtsstiftendes Element war die Zugehцrigkeit zum Islam vorwiegend sunnitischer Prдgung. Ein kurdisches Nationalgefьhl entwickelte sich erst im 20. Jahrhundert unter dem Einfluss europдischer Ideen und als Reaktion auf die Zentralisierungs- und Assimilierungsbestrebungen der jeweiligen Staaten.
Als nach dem ersten Weltkrieg das Territorium des Osmanischen Reiches aufgeteilt wurde, stimmte nur ein Teil der Kurden mit der Forderung nach einem kurdischen Staat ьberein, andere Stammesfьhrer sahen ihre Machtinteressen durch die Loyalitдt zu den neu entstandenen Nationalstaaten garantiert. Die innerkurdische Zerrissenheit verhinderte einen gemeinsamen Kampf um einen eigenen Staat oder zumindest eine Autonomie fьr die kurdisch besiedelte Region. So kam es zu verschiedenen Zeiten in den einzelnen Staaten immer wieder zu Aufstдnden, wдhrend derer die jeweils kдmpfenden Kurden sich in den meisten Fдllen von einem der Nachbarstaaten unterstьtzen lieяen, selbst wenn diese ihrerseits die innerhalb ihrer eigenen Grenzen lebenden Kurden unterdrьckten.

Kurden  im  Irak

Der Irak war der erste Staat mit einer betrдchtlichen kurdischen Minderheit, der in einem Verfassungsdokument 1958 die nationalen Rechte der kurdischen Bevцlkerung anerkannte: Dieser Nation gehцren Araber und Kurden an, die Verfassung garantiert ihre nationalen Rechte im Rahmen des irakischen Gemeinwesens. Diese Rechte standen jedoch nur auf dem Papier. 1970 kam es mit den 1968 an die Macht gekommenen sozialistischen Baathisten zu einem Abkommen, das eine Autonomie nach einer №bergangszeit von vier Jahren vorsah. Umgesetzt wurde es nicht. Gegen die Kurden wurde eine Politik der Umsiedlung und Vertreibung, der Bombardements und Arabisierung durchgefьhrt, die Widerstandskдmpfe und eine Massenflucht von Kurden in den Iran zur Folge hatte.
In den 80er Jahren wurde ein beispielloser Vernichtungsfeldzug gegen die Kurden gefьhrt. 1988 - wдhrend des 1.Golfkrieges - wurde die kurdische Stadt Halabja mit Giftgas bombardiert. Mehr als 5000 Frauen und Kinder starben damals qualvoll an den Folgen des Giftgases. Tausende erduldeten unter dem Baathregime des Prдsidenten Saddam Hussein Folter, Hunger, Gefangenschaft, Deportation und Massenbegrдbnisse bei lebendigem Leibe. Insgesamt wurden 4500 Dцrfer, rund 90 Prozent der lдndlichen Region, vцllig zerstцrt und dem Volk damit die materielle und kulturell-soziale Lebensgrundlage geraubt.
Nach der Befreiung durch die Alliierten des Golfkrieges wurde fьr Irakisch Kurdistan durch die UNO-Resolution 688 eine Schutzzone nцrdlich des 36. Breitengrades eingerichtet. Sie soll die Menschen vor den №berfдllen des irakischen Prдsidenten Saddam Hussein schьtzen. Bis heute (Stand: November 1998) existiert die Schutzzone, die alle sechs Monate erneut bestдtigt werden muss, weiter. Sie bietet die einzige Chance fьr die dort lebenden Kurden, ihre Dцrfer und ƒcker wieder nutzbar zu machen, eine eigene Verwaltung aufzubauen.
Im Mai 1992 konnten unter dem Schutz der Alliierten in Irakisch-Kurdistan die ersten freien Wahlen stattfinden. Die beiden groяen Parteien, der Wahlsieger Demokratische Partei Kurdistans KDP und die Patriotische Union Kurdistans PUK, einigten sich auf ein Patt (50:50), die KDP trat auяerdem Sitze an die Kommunisten, die Assyrer und die Ismalisten ab.
Gegenseitige Vorwьrfe fьhrten dann im Dezember 1993 zum Zerwьrfnis zwischen KDP und PUK, das in der Besetzung des Parlaments durch Peshmargas der PUK gipfelte. Dies fьhrte zu bьrgerkriegsдhnlichen Auseinandersetzungen, die im Frьhjahr 1994 eskalierten und zu einer Zweiteilung des Nordirak fьhrten (Nordwesten: KDP, Sьdosten: PUK). Im Sommer 1995 meldete auch die PKK Ansprьche im Nordirak an; sie stellte sich an die Seite der PUK und gegen die KDP. Nach einem Waffenstillstand (und auf Druck der USA) unterzeichneten die beiden Parteien 1998 einen Friedensvertrag. Fьr das Frьhjahr 1999 sind Wahlen vorgesehen, die hoffentlich das bisher gespannte Verhдltnis zwischen beiden Parteien entkrampfen werden.

  

  Kurden in der Tьrkei
1923 schlossen die Tьrkei als unabhдngige Republik und die Alliierten des Ersten Weltkriegs den Vertrag von Lausanne. Ursprьnglich durch den Vertrag von Sevres (1920) anerkannte Minderheiten, so auch die Kurden, wurden nicht mehr berьcksichtigt. Fortan existierten in der Tьrkei offiziell nur noch die religiцsen Minderheiten der Juden, Armenier und griechisch-orthodoxen Christen. Die Kurden wurden entsprechend des islamischen Nationenbegriffs mit allen anderen zwar gleichfalls islamischen aber ethnisch und kulturell verschiedenen Gruppen wie Tscherkessen oder Lasen als tьrkischer Staatsangehцriger der tьrkischen Nation eingegliedert. Alle Moslems, die einen tьrkischen Pass besitzen und damit tьrkische Staatsbьrger sind, gelten automatisch als Tьrken. Kulturelle oder ethnische Unterschiede werden geleugnet. Diese Bezeichnung kennzeichnet zugleich die unteilbare Einheit von Staatsgebiet und Staatsvolk bei - zumindest theoretischer - Garantie der Gleichberechtigung aller Bьrger.
Diese starre Haltung aller bisheriger Regierungen in der Tьrkei hat zu einem starken Assimilationsdruck und zu heftigen Aufstдnden gefьhrt. Die Worte Kurde und Kurdistan wurden aus allen Schulbьchern, Lexika und Landkarten getilgt oder gelten nur noch fьr die Kurden in den Nachbarstaaten. Die цffentliche Verwendung der Sprache ist verboten, ebenso sind dies kurdische Kulturvereine und politische Parteien. Kurdische Schulen wurden nicht zugelassen. Kurdische Zeitungen, Zeitschriften und Bьcher werden immer wieder beschlagnahmt oder verboten, Verlage geschlossen. Kurdische Familien- und Ortsnamen wurden turkifiziert. 1934 wurde ein Gesetz erlassen, das die Zwangsumsiedlung solcher Bevцlkerungsgruppen, die nicht mit der nationalen Kultur verbunden sind, rechtfertigt.
Seit 1979 werden regelmдяige Razzien des Militдrs in den kurdischen Dцrfern durchgefьhrt.. Dem Bericht einer Untersuchungskommission des tьrkischen Parlamentes von 1998 zufolge wurden insgesamt 3.428 Dцrfer zerstцrt und drei Millionen Kurden zu Flьchtlingen. Allein das kurdische Siedlungszentrum in der Tьrkei Diyarbakir nahm ca. eine Million Flьchtlinge auf. 5.500 Zivilisten wurden in diesem brutalen Krieg getцtet, 17.000 verletzt. 2.200 von 5.000 Schulen und 740 von 850 Gesundheitsstationen wurden geschlossen. Hinzu kamen Maяnahmen des Staates wie Weideverbot, Verminung der Almwege. Die Politik im Staat wird faktisch vom Nationalen Sicherheitsrat diktiert, der zu einer Art Staat im Staat geworden ist.
Im Februar 1994 wurden gewдhlte kurdische Parlamentarier der DEP-Partei (Leyla Zana u.a.) inhaftiert, kurdische Parteimitglieder und Journalisten wurden und werden verfolgt, gefoltert oder von unbekannten Tдtern ermordet. 1998 wurde auch die Fьhrungsspitze ihrer Nachfolgepartei HADEP verhaftet sowie etliche ihrer Funktionдre.

 

   Kurden im Iran
Auch im Iran mьssen die Kurden, die zur iranischen Sprachgruppe gehцren, um ihre kulturelle Autonomie kдmpfen, auch dort gelten sie "nur" als Iraner. Obwohl der kulturelle und sprachliche Unterschied im Iran nicht so gegensдtzlich ist wie zwischen dem tьrkischen (Turksprache) und arabischen (semitische Sprachgruppe) Kulturkreis, resultiert der Konflikt auch in diesem Land nicht nur aus dem Unabhдngigkeitsstreben der Kurden gegen den staatlichen Zentralismus und die Unterdrьckung der kurdischen Sprache. Er ergibt sich auch aus dem betrдchtlichen religiцsen Gegensatz zwischen den schiitischen Iranern und den sunnitischen Kurden. Dieser Gegensatz spielt besonders unter dem Mollah Regime, von dem sich die Kurden anfangs sogar Autonomie versprochen hatten, eine groяe Rolle.

Die Republik Mahabad
Die einzige autonome Republik der Kurden, die mit Unterstьtzung der Sowjetunion in den 40er Jahren im iranischen Mahabad ausgerufen worden war, wird bis heute in allen Teilen Kurdistans als Modell kurdischer Selbstverwaltung idealisiert. Sie nahm bereits nach einem Jahr (1947) ein gewaltsames Ende, nachdem sie durch den Abzug der sowjetischen Truppen aus Azerbeidjan ihre Schutzmacht verloren hatte. In der Folgezeit  gab es immer wieder regionale Aufstдnde, gefolgt von Deportationen und der Vernichtung ganzer Stдmme.
Im August 1979 verkьndete Khomeini den Heiligen Krieg gegen die Kurden. Kurdistan wurde zum   militarisierten Sperrgebiet, zu dem weder Journalisten noch auslдndische Delegationen Zutritt haben. Die  sunnitischen Moscheen wurden zerstцrt und die Jugendlichen in den Schulen umerzogen. Die kurdische  Opposition ging in den Untergrund; immer wieder werden iranische Kurdenfьhrer auch im Ausland Opfer von    Mordanschlдgen des iranischen Staatsterrorismus

 

                        
                   

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